Illusionen überwinden – den Kampf organisieren.
Wir versammeln uns in Solidarität mit der Bevölkerung Griechenlands und im Widerspruch zur Politik der Bundesregierung und der Troika. Am 03.07.2015 um 18:00 Uhr vorm Hauptbahnhof in Düsseldorf
Vor zehn Jahren sorgten die Agenda 2010 und die Hartz-4-Gesetze der damaligen rot-grünen Bundesregierung für massive Sozialkürzungen. Große Teile der Bevölkerung in Deutschland waren davon direkt oder indirekt betroffen. Der Ausbau von prekären Jobs mit niedrigen Löhnen und unsicheren Arbeitsverhältnissen, die Arbeitslosigkeit und die Abstiegsängste in den Mittelschichten, bei gleichzeitig steigendem Vermögen der Reichsten, das ist das – gewünschte Resultat dieser Politik. Begründet wurde der als „Reformen“ getarnte Sozialraub mit der Lüge, daß die Bevölkerung der BRD „über ihre Verhältnisse“ gelebt habe.
Seit Jahren vollzieht sich der gleiche Prozess, nur viel brutaler, mit der Masse der Bevölkerung Griechenlands. Die EU und der Internationale Währungsfond IWF beschlossen nach Beginn der Finanzkrise milliardenschwere Kredite, aber sie kamen nie der griechischen Bevölkerung zugute, sondern waren Rettungspakete für die Banken. Gleichzeitig waren sie an Auflagen geknüpft, um im Stil der Agenda 2010 Sozialleistungen, Löhne und Renten zu kürzen. Sparpolitik wurde das genannt. Real stieg die Arbeitslosigkeit von 10% auf 30%, unter Jugendlichen auf 60%, überall nahm die Verarmung und Verelendung zu. Die Wirtschaft schrumpfte anstatt zu wachsen,weil sich niemand mehr etwas leisten konnte, der Schuldenberg wurde größer. Mit jedem neuen Kredit- und Sparpaket wird die Lage schlimmer.
Die deutsche Bundesregierung ist dabei eine treibende Kraft. Entsprechend der Interessen der deutschen Großkonzerne betätigt sie sich als Scharfmacherin, die die deutsche Vorherrschaft in der EU auf Kosten anderer Staaten und Konzerne auszubaut. Es geht entgegen der Hetze in weiten Teilen der Politik und der Medien weder um „faule Griechen“ oder „gierige Deutsche“, sondern um die normale Gesetzmäßigkeit des Kapitalismus: Die Produktion und die Verteilung von Gütern und Dienstleistungen dient der Gewinnmaximierung und nicht der Bedürfnisbefriedigung.
In Griechenland wurde in der letzten Wahl SYRIZA zur stärksten Partei gewählt, weil diese versprach, die Interessen der Bevölkerung zu vertreten, ohne mit dem Euro, der EU und dem Kapitalismus brechen zu müssen. Das ist gescheitert.
Der Wissenschaftler Thomas Sablowski stellt dazu fest:
„Bereits mit der Vereinbarung vom 20. Februar zwischen der Eurogruppe und der griechischen Regierung hatte sich letztere bereit erklärt, einen Großteil der Forderungen der Gläubiger umzusetzen und auf einseitige, unabgesprochene Maßnahmen zu verzichten, soweit diese haushaltswirksam sind. Dies stand im Widerspruch zum Wahlprogramm von Syriza, in dem bestimmte Maßnahmen zur Bekämpfung der humanitären Krise und der Massenarbeitslosigkeit für unverhandelbar erklärt worden waren. (…)
Unter dem Druck der Gläubiger hat die griechische Regierung am 22. Juni schließlich sogar Vorschläge vorgelegt, die eine weitere Annäherung an die Forderungen der Gläubiger und eine teilweise Überschreitung der «roten Linien» bedeuten: Die Regierung hat sich unter anderem zu einer differenzierten Anhebung der Mehrwertsteuer, zu einer schrittweisen Einschränkung der Frühverrentungen und zu einer differenzierten Einschränkung der Zusatzrenten bereiterklärt.“
Die derzeitige Entwicklung in Griechenland zeigt in aller Deutlichkeit, dass es innerhalb des Kapitalismus keine Möglichkeit gibt, die Ausbeutung zu beenden. Und selbst das „kleinere Übel“ wird ein immer größeres Übel, egal welchen verständlichen Illusionen über einen sozialen Kapitalismus oder eine solidarische EU, sich die Menschen hingeben. Innerhalb der griechischen Regierungspartei SYRIZA, aber auch außerhalb von ihr, z.B. beim radikal-linken Bündnis ANTARSYA oder der kommunistischen KKE, ebenso wie in der außerparlamentarischen Bewegung, gibt es jedoch starke Kräfte, die auf die Überwindung der Illusionen hinarbeiten. Um die Menschen in Griechenland zu motivieren, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, schlagen zahlreiche Linke vor Ort den Bruch mit dem Kapitalismus und den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft vor, etwa so:
„Sozialistische Maßnahmen bedeuten eine Serie von Schritten, die für das Funktionieren der Wirtschaft und das Überleben der Wohnviertel der ArbeiterInnenklasse notwendig sind:
Verstaatlichung des Bankensystems, Verstaatlichung der Schlüsselindustrien der Wirtschaft, ein Plan für den ökonomischen Wiederaufbau, der auf landesweiten Koordinierungsausschüssen in den Betrieben und Betriebe-übergreifend gründet, Abschreibung der Schulden für Kleinbetriebe und Selbstständige, die an der Krise kaputt gegangen sind, langfristige und zinsfreie Darlehen für Kleinbetriebe, Fachleute und kleine Kooperativen, die nicht profitorientiert arbeiten, Demokratisierung der Produktion und der Geschäftsführung durch eine Kontrolle, die für alle wirtschaftlichen Aspekte gilt und von der Gesellschaft sowie den Beschäftigten durchgeführt wird etc.“
Die von den griechischen GenossInnen vorgeschlagenen Maßnahmen sind im Kern auch für ein Land wie die BRD geboten: Enteignung der Großkonzerne und ihre Überführung in gesellschaftlich geleitetes und kontrolliertes Eigentum, Umstellung der Produktion auf Kooperation statt Konkurrenz mit dem Ziel der Bedürfnisbefriedigung anstelle der Gewinnmaximierung etc.
Wir wissen, dass in der BRD das Massenbewusstsein derartig gestaltet ist, dass der Bruch mit dem Kapitalismus möglich wäre. Wir beteiligen uns an Kämpfen gegen die Verschlechterung der Lebensbedingungen hierzulande und sind solidarisch mit diesen Kämpfen in anderen Ländern. Ja, wir kämpfen für Verbesserungen im Rahmen des bestehenden kapitalistischen Systems – wir wissen aber auch, dass jede erkämpfte Verbesserung uns wieder weggenommen werden kann (durch die Hartz VI - Gesetze geschah) und dass der Spielraum für Verhinderungen von Verschlechterungen sehr, sehr eng sein kann (wie es derzeit in Griechenland exekutiert wird). Deshalb wirken wir dafür, dass möglichst viele Menschen die Notwendigkeit des Bruchs mit dem Kapitalismus und die Möglichkeit des Aufbaus einer solidarischen Gesellschaft erkennen.
Unsere Solidarität gilt der Bevölkerung Griechenlands, die sich gegen die Ausplünderung wehrt – wir hoffen auf ein deutliches OXI/NEIN beim kommenden Referendum. Wir sehen es als beste Unterstützung an, wenn wir hier in Deutschland die anti-griechische Hetze zurückdrängen und die gemeinsamen Interessen der Mehrheit der Bevölkerungen Griechenlands und Deutschlands verdeutlichen könnten. Zugleich würden stärkere soziale und politische Kämpfe im inneren Deutschlands die deutsche Regierung in ihrem Vorhaben der Durchdringung und Unterwerfung anderer Länder schwächen.
Hoch die Internationale Solidarität! Wir rufen zur Beteiligung an der Solidaritätskundgebung mit der griechischen Bevölkerung auf:
Freitag, 3. Juli, 18 Uhr, HBF Düsseldorf, unter dem Motto "OXI ! JA zur Demokratie heißt JA zum Referendum - NEIN zur Kürzungspolitik der Troika!"