Worum geht es bei der Landtagswahl? Linke wählen, Piraten oder gar nicht?

Wir DOKUMENTIEREN einen Text aus dem autonomen Spektrum in NRW:

Der Widerstand auf der Straße und in den Kämpfen gegen Nazis, gegen Gentrifizierung, bei den Blockade-Aktionen gegen die Banken wie vom 16. -19. Mai in Frankfurt, die Organisierung der Sozialproteste, bei Aktionen gegen atomare Anlagen und Transporte und vieles mehr, und das offene Eintreten für eine radikale Alternative zur kapitalistischen, patriarchalen, heteronormierten und strukturell rassistischen Klassengesellschaft, das alles ist aus linksradikaler Sicht entscheidend. Wahlen zum Parlament sind demgegenüber zweitrangig, denn im Parlament kann die Revolution gegen die bestehenden Verhältnisse nicht durchgeführt werden.

Wir, die Verfasser_innen dieses Schreibens, nehmen es so wahr, dass die LINKE in NRW links von der BundesLINKEN steht, die wir politisch eher als sozialdemokratisch einschätzen, weil sie als mitregierende Partei Sozialabbau und Privatisierungen und Bulleneinsätze gegen Hausbesetzer_innen und Demonstrant_innen mitgemacht hat.

Die LINKE in NRW ist bei ihrem Einzug ins Landesparlament von den Medien als linksradikal verteufelt worden. Das war eine richtige Hetze. Es stimmt aber, dass viele Mitglieder dieser Partei in Organisationen sind, die beim Verfassungsschutz als linksradikal eingestuft werden, zum Beispiel die Rote Hilfe oder trotzkistische Gruppen wie Marx 21, SAV oder isl. Das trifft auch auf die Landtagsabgeordneten dieser Partei zu, wo manche außerdem früher in der DKP waren oder in dem kurdischen Befreiungskampf-nahen Organisationen. Die beiden dominanten Strömungen, AKL (Antikapitalistisch Linke) und SL (Sozialistische Linke), stehen auch im gesamtdeutschen Spektrum der Linkspartei auf dem linken Flügel.

Es ist gut möglich, dass Die LINKE NRW nicht wieder in den Landtag einzieht, weil die bürgerlichen Medien es geschafft haben, sehr vielen Leuten einzureden, die Schuldenbremse müsste sein, das Sparen müsste sein usw. und Die Linke NRW Sozialkürzungen und Personalabbau ablehnt, gegen Privatisierung ist und dagegen, den Banken und Konzernen Milliarden zu schenken, anstatt zum Beispiel ein Sozialticket für 15 Euro, mehr KiTas, Erhalt und Ausbau autonomer Frauenhäuser, Jugendzentren, mehr sozialen Wohnungsbau und mehr Geld für die Kommunen zu finanzieren. Weil SPD und Grüne das nicht wollten, hat die LINKE den Haushalt 2012 abgelehnt.

Das war völlig korrekt. Wir kritisieren Die LINKE NRW dafür natürlich nicht. Wir kritisieren, dass sie unheimlich viel Zeit im Parlamentsbetriebe verplempert hat, so wie sie seit Jahren ihre Zeit in den Stadträten verplempert, Tonnen von Papier konsumiert und sich einem Politikbetrieb anpasst, der eine linke Identität über kurz oder lang zermürbt. Es gibt unendlich viele Beispiele dafür, wie linke Parteien dadurch nach rechts abgedriftet sind. Auch bei der Linkspartei in NRW sind gerade die, die aktiv sein wollen, seitdem es Ratsmandate gibt oder Landtagsmandate, in dieser Weise beschäftigt und orientieren die anderen Aktiven auf die Parlamentsarbeit, was falsch ist.

Trotzdem hat die LINKE NRW, auch die Landtagsfraktion, bei vielen Mobilisierungen mitgemacht und auch materiell geholfen: Blockaden gegen Nazis, Blockaden und Demos gegen Castortransporte, Demos gegen Sozialabbau usw. Anders als die Linkspartei bundesweit tritt sie auch für die Überwindung des Kapitalismus ein, wenn sie auch mit ihren Plakaten und Wahlreden einen eher populistischen Wahlkampf führt. Die Linkspartei hat in NRW gezeigt, dass sie nicht so sehr an ihren Mandaten klebt, wie anderswo und auch nicht in einer bürgerlichen Regierung mitmachen würde. Sie hat am Ende Neuwahlen in Kauf genommen, um ihrer Meinung treu zu bleiben, obwohl sie in den Umfragen nicht gerade gut stand.

Die Frage ist aber, was bringt das überhaupt, wenn die Linkspartei im Landtag sitzt. Sie konnte einige Verbesserungen durchsetzen, denn anfangs waren SPD und Grüne für Druck empfänglich, weil sie die Stimmen der LINKEN brauchten und den Geruch von Schröder und Fischer, von Hartz IV und Kriegspartei loswerden wollten. So konnte die Residenzpflicht für Flüchtlinge abgeschafft werden, die Möglichkeit der Abwahl von Oberbürgermeistern und vereinfachte Bürgerbegehren konnten durchgesetzt werden, oder auch ein Tariftreue- und Vergabegesetz für öffentliche Aufträge und noch einiges mehr. Aber nach ungefähr einem Jahr haben sich SPD und Grüne dann lieber auf CDU oder FDP oder beide gestützt.

Die Piraten sind unserer Meinung nach aus linksradikaler Sicht nicht wählbar, obwohl sie jetzt viele „Protestwähler“ anzieht. Nicht nur, weil die Piraten Neonazis in ihren Reihen haben, vielleicht schmeißen sie die ja noch raus. Sondern vor allem, weil sie sich ausdrücklich zum bestehenden System bekennen (Piraten-Wahlplakat: "Wir halten uns an das Grundgesetz - da sind wir konservativ!") und alle wichtigen Vorgaben akzeptieren, auch die Schuldenbremse. Sie sagen es im Wahlkampf nicht, aber sie werden zu allen möglichen Schweinereien und auch zu Sozialkürzungen bereit sein. Gegen den bestehenden Staat haben sie nichts einzuwenden, sie wollen ihn nur „transparenter“ haben, vor allem im Internet.

Die Linkspartei in NRW kann zumindest punktuell für die linksradikale Szene genutzt werden – materiell-finanziell, bei gemeinsamen Aktionen, oder auch als Schutz gegen Repression wie beim Castor Schottern.

Deshalb finden wir, dass Linksradikale am 13. Mai zur Wahl gehen und die LINKE wählen sollten, trotz aller berechtigten Kritik.

Li(e)bertäre-queerfeministische-atomfreie-antifaschistische Grüße Anna Blume & die Arthurs